Je länger ich mich mit dem Thema Tochter|Mutter|Beziehung beschäftige, desto mehr bin ich davon fasziniert – von der Vielschichtigkeit dieser Beziehung und wie sehr sie alle anderen, die danach folgen, prägt oder eigentlich: bestimmt.
Natürlich habe ich nicht immer so empfunden. Eine lange Zeit war der Gedanke an meine Mutter in erster Linie ein einziger Schmerz in mir und ich habe hauptsächlich Hilflosigkeit gefühlt. Aber das war eben auch einer der Gründe, warum ich mich mit Leidenschaft in dieses Thema vertieft habe.
Und die «Tochterrollen» helfen mir und auch dir, die Komplexität der Beziehung zu Mutter darzustellen bzw. zu verstehen. Ich wünsche dir viele heilende Erkenntnisse!
Lieber frei sein, als Recht haben
Wenn wir erwachsen sind, haben wir einen anderen Blick auf unsere Mutter – den einer «erwachsenen Frau», die theoretisch nicht mehr abhängig ist von ihr. Und die im Leben einiges vermisst. Und wer ist daran schuld? Ganz klar, die Mutter natürlich – so so 😉
Nun «durchschauen» wir, was Mutter alles falsch gemacht hat, wir sehen ihre «Fehler», oder nun wissen wir, was sie als Mutter hätte geben MÜSSEN. Nicht wahr? Wie fühlst du dich mit diesem Gedanken? Im Recht?
Über dein Recht können wir gern ein anderes Mal streiten, nicht aber hierüber: solange du emotional in der Vergangenheit, an anderen Menschen wie eben an deiner Mutter hängst – solange bist du unfrei und lebst nicht selbstbestimmt. Wenn du mit der Aufmerksamkeit (also mit deiner Energie) woanders bist, als bei dir – steht sie dir nicht zur Verfügung im Hier und Jetzt. Und gerade die Gefühle im Bezug auf die Mutter sind die intensivsten. Sie können am meisten zehren und auch am meisten nähren.
Erkenne deine Rollen
Als Tochter stehen wir unserer Mutter besonders nah. Das liegt auch daran, dass wir Themen von ihr übernehmen (Frauen-Themen, die sie entweder selbst erfahren oder von ihrer Mutter übernommen hat) und weitertragen auf die kommenden Generationen – wenn sie nicht gelöst werden. Und ich finde, es ist höchste Zeit, sie zu lösen! Es ist so anstrengend, so lähmend, so frustrierend, diese Themen mit sich herumzuschleppen. Je mehr du sie ablehnst, desto schwerer wiegen sie auf Dauer – immer wieder katapultieren sie dich zurück auf Anfang, der Frust wächst. Wenn du also vorwärts gehen willst, musst du hinter dir aufräumen.
Dazu gehört, deine Rollenspiele gegenüber deiner Mutter, die du als Kind unbewusst entwickelt hast, zu durchschauen und aufzulösen. In dieser Serie habe ich die beliebtesten Rollen skizziert (inklusive Augenzwinkern):
"Ich bin für Mutter das, was sie nicht sein konnte"
Tochterrolle: Der bessere Partner
"Ich ersetze dir den Papa"
Tochterrolle: Mama´s Mama
"Ich löse Mutter´s Probleme jederzeit"
Tochterrolle: Fremdbesetzung
"Ich hole Mama immer ganz nah zu mir"
Tochterrolle: Die Konkurrentin
"Ich bin die bessere Partnerin für Papa"
Tochterrolle: Die Zweite-Rolle-Tochter"
"als Tochter bin ich unwichtiger als der Sohn"
Tochterrolle: Die Ideal-Mutter
"ich bin die ideale Frau, die Mutter war oder gewesen wäre"
Tochterrolle: Die Abhängige
"Ohne Mutter bin ich nicht überlebensfähig"
Tochterrolle: Mama´s Schemel
"Ich lasse mich erniedrigen, damit Mama sich erhöhen kann"
Tochterrolle: Die Unabhängige
"Ich beweise ihr, dass ich sie nicht brauche"
Fällt dir eine weitere Hauptrolle ein? Dann lass es mich gern wissen über die Kommentare! Und auch sonst freue ich mich über deinen Senf 😀
Tell me! Unbedingt! Ich freue mich!
2 Kommentare zu ««Tochterrollen» Prolog»
karla
Tochterrolle: Die Zukurzgekommene
Meine erwachsene Tochter, Ingenieurin, sagte mir: «Ich möchte auch so bescheuert (Anmerkung: lernbehindert) sein wie mein Bruder, der fällt immer weich.» Der Auslöser dieser Äußerung war eine Küdigung ihres Arbeitgebers. Mit den Worten, vielleicht ist es ja dein Glück, du hast Berufserfahrung, auf dich wartet eine neue Herausforderung, wollte ich sie positiv motivieren. Sie wünschte das ich mich kümmere, sie unterstütze und bedauere, so wie sie das bei ihrem Bruder erlebte. Die emotionale Bedürftigkeit meiner Tochter habe ich nicht erkannt. Empathie in der Generation der (Nach)Kriegkinder hielt sich in überschaubaren Grenzen. Heute würde ich sicher andere Worte finden.
Liebe Karla, deine Älteste ist wütend, das ist deutlich. Gleichzeitig schmerzt sie ihre Wut, die ist ja nur ein Schutz. Ein Kind, das Wut empfindet auf Menschen, die es eigentlich liebt (die Mutter und den Bruder in eurem Fall), bestraft sich gleichzeitig dafür, hat Schuldgefühle deswegen. Und deine Tochter glaubt, ihre Lösung liegt darin, dass du ihr endlich das gibst, was sie als Kind vermisst hat. Darin liegt ein Missverständnis, dem die meisten Töchter unterliegen. Auch wenn du dir nicht sicher sein kannst diesbezüglich. Du als Mutter hast jedenfalls gegeben, was du konntest. Doch wir alle sind Teil eines Familiensystems, das oft sehr komplex ist und die Ursachen für Probleme sind häufig ganz andere, als wir vermuten. Genaueres kann ich nur im Einzelgespräch herausfinden. Alles Liebe, Gesine
Tochterrolle: Die Zukurzgekommene
Meine erwachsene Tochter, Ingenieurin, sagte mir: «Ich möchte auch so bescheuert (Anmerkung: lernbehindert) sein wie mein Bruder, der fällt immer weich.» Der Auslöser dieser Äußerung war eine Küdigung ihres Arbeitgebers. Mit den Worten, vielleicht ist es ja dein Glück, du hast Berufserfahrung, auf dich wartet eine neue Herausforderung, wollte ich sie positiv motivieren. Sie wünschte das ich mich kümmere, sie unterstütze und bedauere, so wie sie das bei ihrem Bruder erlebte. Die emotionale Bedürftigkeit meiner Tochter habe ich nicht erkannt. Empathie in der Generation der (Nach)Kriegkinder hielt sich in überschaubaren Grenzen. Heute würde ich sicher andere Worte finden.
Liebe Karla, deine Älteste ist wütend, das ist deutlich. Gleichzeitig schmerzt sie ihre Wut, die ist ja nur ein Schutz. Ein Kind, das Wut empfindet auf Menschen, die es eigentlich liebt (die Mutter und den Bruder in eurem Fall), bestraft sich gleichzeitig dafür, hat Schuldgefühle deswegen. Und deine Tochter glaubt, ihre Lösung liegt darin, dass du ihr endlich das gibst, was sie als Kind vermisst hat. Darin liegt ein Missverständnis, dem die meisten Töchter unterliegen. Auch wenn du dir nicht sicher sein kannst diesbezüglich. Du als Mutter hast jedenfalls gegeben, was du konntest. Doch wir alle sind Teil eines Familiensystems, das oft sehr komplex ist und die Ursachen für Probleme sind häufig ganz andere, als wir vermuten. Genaueres kann ich nur im Einzelgespräch herausfinden. Alles Liebe, Gesine