Hier nun die 2. Rolle, die ich für dich skizziert habe. Alles mit einem Augenzwinkern. So spielt auch niemand nur die eine Rolle – meistens erfüllen wir mehrere gleichzeitig. Während ich die erste Rolle «Mama´s Lastenträgerin» als die Grundlage aller anderen ansehe, werden wir nun etwas spezieller – Viel Spaß, du geliebte Tochter
Weil die Mutter ja eine schwere Vergangenheit hat und ihr eigenes Selbst nicht gut entwickeln konnte als Kind, ist die brave (erwachsene) Tochter stets zur Stelle, um der Mutter zu zeigen, was gut für sie ist – und allen anderen gleich mit. Denn die Rollen, die wir mit der Mutter lernen, spielen wir ja später mit anderen weiter. Was passiert jedoch, wenn wir uns immer um andere kümmern wollen? Es kümmert sich niemand um uns. Bei uns ist niemand zu Hause, Raum verlassen, eigene Bedürfnisse vergraben, vielleicht sogar total unbekannt. Hier mal eine kleine Übung: Wenn niemand da wäre, um den du dich «kümmern» kannst – wie fühlt sich das für dich an?
Manche Besserwisserin hat diese Extrem-Strategie gefunden: Als Kind völlig überfordert vom unverlässlichen Außen, kapselt sie sich komplett ein. «Wenn Mama nicht in der Lage ist oder alle alles nur falsch machen, dann mach ich es lieber selbst – mich um mich kümmern, das kann ICH eh am besten!» Diese Töchter sind dann tatsächlich auf sich selbst fixiert; verhärtet nach draußen, sie haben wahrhaft die Ausstrahlung einer Mauer. Alles andere ist sinnlos und gefährlich. Sie dulden andere höchstens als «Diener». Vielleicht erkennt so manche Tochter hier ihre Mutter wieder: siehe die Tochter-Rolle «Mamas Schemel»

Die gutmeinende Tochter steckt also ihre eigenen Bedürfnisse zurück zugunsten der anderen und fühlt sich dabei häufig auch noch edel und selbstlos (ist sie ja auch – ohne Selbst). Das endet meistens in Enttäuschung. Diese falsche Verantwortung entwickelt die Tochter später für ihr gesamtes Umfeld – «keiner weiß es so gut wie ich!» Kommt dir das bekannt vor? Diese Aufgabe ist frustrierend, zum einen, weil man niemals irgendeine Befriedigung daraus ziehen kann (außer der Bestätigung, dass alle Menschen faule Egoisten sind 😉 ) und zum anderen, weil man einfach niemanden ändern kann. Oder hat sich deine Mutter dir zuliebe geändert oder irgendjemand anders? Und wenn doch – hat sie/er deinen Respekt? Ich frage dich das, weil es dir in Wahrheit nicht darum geht, den anderen irgendetwas beizubringen – das ist ja nur eine Ersatzhandlung für dich, ein Ventil. Du glaubst nämlich das: «Ich bekomme nur Liebe und Zuwendung, wenn ich das tue, was du sagst.» Und diese Überzeugung wird dir dann im Außen gespiegelt, du lebst sie praktisch. Aber da das nicht die echte Wahrheit ist, ist sie nicht erfüllend. Es ist ein Missverständnis, das du als Kind gelernt hast. OK? Es ist nicht die Wahrheit!
Mit deiner Aufopferung erreichst du nur dies: 1. Die Mutter wird gestört in ihrem Selbst und ständig angezweifelt, 2. Die Tochter verliert die Verbindung zu ihren eigenen WAHREN Bedürfnissen -sie ist ja mit anderen beschäftigt, bzw. damit, sich gegen andere zu schützen 3. Die Tochter verliert irre viel Energie – was ist erschöpfender als ein vergebliches Bemühen? 4. Du ziehst Menschen an, die genau das für dich sind: deiner Hilfe bedürftig. Kommt dir das vertraut vor?
Als Alternative kannst du das hier probieren: Liebe Mutter, ich respektiere, wie du dein Leben lebst, auch wenn es nicht meinen Vorstellungen entspricht. Wie kann ich wissen, was richtig oder falsch für dich ist? Ich kümmere mich ab jetzt um mich selbst, LIEBEVOLL, das ist der einzig wahre Weg. Und wenn ich liebevoll mit mir selbst bin, kann ich auch alle anderen liebevoll annehmen.

Irgendwie erkenne ich mich wieder. ich bin eine Besserwisserin, die sich aufopfert, am liebesten alles selbst erledigt, sich nicht gerne helfen lässt… Und das war schon immer so. Und dann noch der Satz: Ich verlange doch nur von euch, was ich jederzeit bereit bin, selbst zu leisten. Ich bin mit Leistung groß geworden. Mein Vater war ein Handwerksmeister, selbstständig und erfolgreich. Die vielversprechende Karriere meiner Mutter wurde durch Kriegsende und Eheschließung beendet. Mein älterer (Stief) Bruder, der den Betrieb übernehmen sollte, verließ die Familie mit 18 Jahren in Richtung Westen.
Er ist noch immer mein Vorbild, erfolgreich, sportlich, weltmännisch. Seine Frau hat sich als Mutter und Ehefrau um die Familie gekümmert. Ein Familienmodel mit Tradition.
Die 14 Jahre jüngere Schwester, ich, wollte beides, Kinder und Karriere. Mit 30 Jahren war ich geschieden, hatte zwei Kinder, einen akademischen Beruf und den festen Glauben, Frau packt das. Sie hat es nicht gepackt. Meine Tochter, das ältere Kind, die große Schwester, hat sich verabschiedet. Sie konnte die Last nicht tragen. Als sie ging konnte ich das nicht verstehen. Sie ist fort und mit ihr meine beiden Enkelkinder. Und ich fühle mich schuldig.
«Sie konnte die Last nicht tragen»- Ist das wahr? Die Ursachen für einen Kontaktabbruch durch Kinder liegen oft ganz woanders, als wir vermuten. Oder manchmal auch nicht anschauen wollen, weil es zu sehr schmerzt. Heile dich als Tochter, liebe Karla, dabei helfe ich dir sehr gern. Alles Liebe, Gesine